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Gedanken zur deutschen Sprache

Warum wird die deutsche (Werbe)Sprache immer mehr mit englischen Vokabeln durchsetzt?

(Aufsatz im Rahmen der Weiterbildung zur Texterin/Konzeptionerin SGD)

 

 

Gut, dass wir keine tote Sprache sprechen. Man denke nur an Latein. Schön, dass sich unsere deutsche Sprache immer weiterentwickelt. Schrecklich, wenn ich mir vorstelle, wir würden uns immer noch unterhalten wie vor 100 Jahren. Aber ich bin ja auch nicht der Meinung, dass früher immer alles besser war. Höchstens ein wenig anders.

 

Englische Wörter haben mein Leben geprägt, solange ich mich erinnern kann. „Smacks“ mit Milch waren damals mein absolut favorisiertes Frühstück. „Smäx“ haben meine Geschwister und ich sie genannt. Ein entsprechend deutsches, treffendes Wort will mir beim besten Willen nicht einfallen. „Honigbebbl“ nannte sie mein Vater, wobei sich die „Bebbl“ aus dem Schwäbischen noch am ehesten mit „Böbbel“, also „Klümpchen“ übersetzen lassen. Ob sich die hochdeutsche Variante „Honigklümpchen“ im deutschen Raum durchsetzen würden, bezweifle ich allerdings.

 

Die fehlenden treffenden deutschen Ausdrücke für anderssprachig benannte Produkte sind meiner Ansicht nach einer der Hauptgründe, warum „unsere“ Sprache zunehmend mit „fremden“ Vokabeln durchsetzt wird. Vor einigen Jahrzehnten nannte man den Gehweg noch vornehm „Trottoir“ und den Geldbeutel „Portemonnaie“ und wollte damit unter anderem sicherlich ein hohes Bildungsniveau demonstrieren. Heute ist man relaxter und cooler, tauscht seinen verstaubten Discman, der seinerzeit den Walkman ablöste, gegen mp3-Player wie den iPod und kauft online im World Wide Web das neueste Handy bei T-Mobile. Würde man versuchen, diesen letzten Satz ausschließlich mit deutschen Wörtern zu formulieren, stößt man schnell an die Grenzen der deutschen Sprache. Aber wozu auch? Schließlich weiß jeder, was gemeint ist.

 

Immer? Nein, nicht immer. Dies erfahre ich seit ein paar Jahren ständig am eigenen Leib. So überlegten sich die Lehrer an der Fachschule für visuelle Kommunikation in Stuttgart einen passenden Namen für die Weiterbildung, für die ich mich 2003 entschied, und ich erhielt 2005 nach erfolgreichem Abschluss den Titel „Staatlich geprüfte Layouterin“. Laien können mit dem Begriff „Layout“, bzw. „Layouterin“ oft rein gar nichts anfangen und selbst von gestandenen Druckern bin ich schon gefragt worden, was genau ich eigentlich beruflich mache. Bei einem einwöchigen Krankenhausaufenthalt schrieb man ohne nachzufragen „Lehrautorin“ in das Feld mit der Berufsbezeichnung. Frage an die Lehrer: Hätte man „Layouterin“ nicht einfach durch „Grafikerin“ ersetzen können? Meines Wissens ist diese Berufsbezeichnung nicht geschützt, die Inhalte sind dieselben und verständlich wäre es auch gewesen. Zumindest für die Deutschen. Ins Ausland möchte ich aber vorerst nicht.

 

Manchmal habe ich den Eindruck, dass englische Phrasen nur deshalb eingesetzt werden, weil die deutsche Variante zu „umständlich“ oder abgedroschen klingt, bzw. zu lang ist. So lassen sich „nicht angesagt“, „telefonischer Kundendienst“ oder „heruntergeladene mp3-Dateien“ relativ einfach und prägnant mit „out“, „call center“ oder „mp3 Downloads“ übersetzen.

 

A propos mp3 – in der Musikszene lässt sich das Englische gar nicht mehr wegdenken. Für die Musikrichtungen „Hip Hop“, „Rap“, „House“, „Pop“ oder „Jazz“ beispielsweise gibt es schlicht keine deutsche Übersetzung. Doch auch, wenn es eine gibt – oder in Anlehnung dazu? – werden deutsche Begriffe nach und nach ersetzt. So begegnen einem immer häufiger die Wörter „dancefloor“ statt „Tanzfläche“ oder „mixer“ statt „Mischpult“.

 

Ein weiterer, meiner Meinung nach nicht unwesentlicher Grund für die zunehmende „Verenglischung“ der deutschen Sprache sind die immer höheren Anforderungen aus der Wirtschaft an die Arbeitnehmer. In kaum einem Beruf wird eine Fremdsprache nicht mehr vorausgesetzt. Betroffen sind vor allem Akademiker. Man sollte in vielen Fällen flexibel genug sein, sich jederzeit in ein anderes, oft nicht einmal mehr nur europäisches Land versetzen zu lassen. Da muss man sich dann schließlich auch verständigen können. Doch selbst, wenn man in Deutschland bleibt, korrespondiert man zunehmend mit internationalen Geschäftspartnern. Dies gehört schon fast zum guten Ton.

 

Weiterhin sind heutzutage viele regionale Betriebe sämtlicher Branchen von großen, international agierenden Firmen verdrängt worden, die ihre Außendienstmitarbeiter oder Service-Techniker ins Ausland schicken. Selbst wenn hier kein akademischer Abschluss vorausgesetzt wurde, dann zumindest eine Fremdsprache.

 

Im Rahmen der Globalisierung wäre es sicherlich vorteilhaft, wenn sich die Menschen bald in ein und derselben Sprache miteinander verständigen könnten. Ob es irgendwann die Sprache „Europäisch“ gibt, die sich aus Wörtern der gesamten europäischen Länder zusammensetzt? Der polnische Erfinder L. Zamenhof konnte sich mit der künstlichen Weltsprache „Esperanto“ damals nicht durchsetzen. Sind wir mit unserer „Verenglischung“ also auf dem richtigen Weg, wenn man davon ausgeht, dass sich eine gemeinsame Sprache nur „entwickeln“ kann? Die Zukunft wird es zeigen.